12. Die Fußgängerzone und das Zeittor
Mitte des 19. Jh. entschlossen sich die Egerer, das Stadtzentrum mit einer technischen Neuigkeit, der Eisenbahn, zu verbinden. Im Südteil des Marktplat- zes wurden zwei Häuser abgerissen und durch diese Lücke wurde dann der neue repräsentative Boulevard geführt. Dabei passierte jedoch ein kleiner Fehler: Der neue Boulevard mündete in den Markt- platz von Süden. Der Marktplatz aber senkt sich nach Norden. Deshalb fällt der Blick vom neuen Boulevard nicht auf das Stöckl, sondern nur auf dessen Dächer. Einen derartigen Fehler woll- ten die damaligen Baumeister jedoch nicht hinnehmen und bedienten sich der alten guten urbanistischen Lösung, nämlich des sog. „point de vue“, also praktisch einer Sichtsperre. Sie stell- ten in diese Durchsicht die Statue des Kaisers Joseph II. Bei der Rekonstruie- rung der Egerer Fußgängerzone in den Jahren 2009–2010 wurden nach den Vorschlägen der Architekten des Ate- lier 69 in ihrer ganzen Länge die Plakat- säulen und Blumentöpfe beseitigt, und dadurch wurde die Durchsicht auf die ganze Straße und den abfallenden Hori- zont des Marktplatzes erneut frei. Dann wurde ein Wettbewerb veranstaltet, den Professor Marian Karel mit der Idee eines Zeittors gewann. Sein Kunstobjekt wurde ein Teil des kompletten Projek- tes. Das Zeittor stellt eine Tür dar, die in ein Haus führt, das hier einst stand. An dessen Stelle öffnete die Stadt Cheb
ihr Tor der industriellen Zeit und der Zu- kunft. Das Artefakt dreht sich um die eigene Achse, ganz unauffällig, um 180 Grad in 24 Stunden. Um Mitternacht be- findet es sich in der Stellung „geschlos- sen“. Um Mittag dann in der Stellung „geöffnet“, wobei sich die Seitenfläche des Artefaktes mit der Zeitachse der wichtigsten Daten der Stadtgeschichte verbindet. Diese Zeitachse führt durch die ganze Fußgängerzone und endet mit dem Jahre 2011, in dem die Stadt ihr 950jähriges Jubiläum feierte. Das Kunstwerk ist 9 m hoch, 2 m breit und wiegt 3,5 Tonnen.