EJ 1913
Das Kriegerdenkmal in Eger
Am 29. Juni 1912 wurde in Eger in dem Parke vor dem Obertor (bekanntlich ein aufgelassener Friedhof) ein neues Denkmal für die im Feldzuge des Jahres 1866 gefallenen Egerländer Soldaten feierlichst enthüllt.
Das Offizierskorps des Egerländer Hausregiments „Albrecht Herzog von Württemberg“ hatte zwar sofort nach beendetem Feldzuge seinen gefallenen Waffenbrüder am Rahmberge in Eger ein würdiges Denkmal setzen lassen und damit eine Ehrenpflicht erfüllt. Aber auf dem Schlachtfelde selbst, wo fast jeder Truppenteil seinen dort ruhenden Kameraden ein Denkmal errichtet hat, fehlte bisher ein solches für die 73er. Es fanden sich deshalb schon vor längerer Zeit Männer aus allen Kreisen der Bevölkerung zusammen, um die Errichtung eines würdigen Denkmals für das 73. Regiment auf dem Schlachtfeld bei Lochow nächst Jitschin, wo das Regiment die Feuertaufe erhielt und den Verlust von 27 Offizieren und 540 Mann zu beklagen hatte, zu ermöglichen. Man kam endlich zu dem Beschlusse, das Denkmal in Eger auf das Schlachtfeld zu übertragen und dafür in Eger auf einem geeigneten Platze ein neues, in größeren Dimensionen und reicherer Ausführung geplantes Denkmal zu errichten.
Aufrufe für eine Spendensammlung wurden erlassen und sie hatten auch den gewünschten Erfolg. Reichlich liefen die Spenden ein, nicht nur aus dem Egerlande, sondern auch aus den Gemeinden fremder Bezirke, ja sogar aus weiter Ferne. Dank dieser glänzenden Opferwilligkeit konnte das rührige Denkmalskomitee das Werk im Jahre 1910 als gesichert betrachten und darangehen, zur Beschaffung von Entwürfen für das aufzustellende Denkmal eine öffentliche Ausschreibung zu erlassen. Für die besten Entwürfe wurden drei Preise und zwar 750, 500 und 250 Kronen ausgesetzt. Am 9. April 1910 wurden die eingelangten Entwürfe kommissionell geprüft und nach Maßgabe des Befundes den 1. Preis dem Bildhauer Adolf Mayerl in Eger, den 2. Preis dem Bildhauer Wilfert d. J. in Prag und den 3. Preis dem Bildhauer Hugo Uher in Karlsbad zuerkannt. Dieser Entscheidung entsprechend übertrug das große Komitee die Ausführung des Denkmals dem erstgenannten Künstler Adolf Mayerl in Eger gegen Zuerkennung des veranschlagten Betrages von 30.000 Kronen.
Bildhauer Mayerl machte sich sofort an die Arbeit. Auch wurde schon im Herbste 1911 im Stadtparke das Fundament gelegt, damit es überwintere. In den Monaten Mai – Juni 1912 schritt man an die Ausstellung des Monumentes, das auch zur festgesetzten Zeit fertig war.
Gegen den Standplatz im Stadtpark lässt sich allerdings einwenden, dass das Denkmal etwas zu entlegen ist und von den Fremden, die hier alljährlich in großer Anzahl eintreffen und die Sehenswürdigkeiten der alten Staufenstadt besichtigen, förmlich gesucht werden muss. Der ursprüngliche Platz in den neuen Anlagen beim Bahnhofe wäre in dieser Hinsicht günstiger gewesen. Aber was Wirkung und Stimmung des Monumentes anbelangt, ist der jetzige Standort ein geradezu idealer. Hinter der Flucht einer breiten Allee alter Kastanienbäume erheben sich die straff zusammengehaltenen Granitmassen des Denkmals und eine natürliche Wand alter Parkbäume bildet einen prächtigen wirkungsvollen Hintergrund.
Über einen edlen stufenförmigen Aufbau erhebt sich die mächtige Idealfigur eines nackten Kriegers, das Haupt leicht gesenkt, gleichsam in ernster Andacht an die großen Kämpfe jener Tage versunken, die Hände fest auf den vorgestellten Schild gelegt – eine wundervolle Verkörperung tiefer Demut und unbezwinglicher Kraft. Zu seinen Füßen sitzen links und rechts von ihm, ein Sinnbild von Kampfbereitschaft und urwüchsiger Stärke, zwei Löwen. Von dem Schild des Kriegers fällt ein Bund von Eichenlaub auf die Höhe des Sockels nieder, der die beiden Widmungstafeln für die bei Jitschin und Königgrätz gefallenen Soldaten trägt. Unter dem Kranz springt der Sockel leicht zurück zu einem Relief mit einer wuchtigen Kampfesszene. Ein faszinierender Rhythmus weiß in diesen drei Helden des Reliefs überzeugend und erschütternd den Kampf ganzer Massen durch einen Parallelismus von Bewegungen vorzutäuschen, die sich in der Phantasie des Beschauers unwillkürlich in ergänzenden Vorstellungen fortpflanzen. In dem Schritt der Drei glaubt man den Tritt von Bataillonen zu spüren. Und wie packend im einzelnen diese Drei geschildert sind: Der Offizier in der Mitte, dessen Hand im Reflex nach der eben empfangenen Wunde greift; der Soldat zu seiner Rechten, der mit dem Gewehr zu einem furchtbaren Schlag ausholt, und der zu seiner Linken, der den Säbel hochreißt, um einen feindlichen Hieb aufzufangen. Wie meisterhaft und kühn ist dieser schirmende Arm verkürzt!
Der Sockel besteht aus Haslauer Granit, das Übrige ist aus dem feinkörnigen, harten Fichtelgebirgsgranit gehauen. Auch die Rückseite des Denkmals trägt eine Widmungstafel.
Das Denkmal ist ein herrliches Werk von vaterländischer Bedeutung, das seinem Schöpfer alle Ehre macht und das eine Sehenswürdigkeit Egers bildet, wie sie wohl nur wenige Provinzstädte aufzuweisen haben werden.
Die Enthüllung dieses neuen Kriegerdenkmals gestaltete sich zu einem Festtage für das ganze Egerland. Es beteiligten sich deren nicht weniger als 105 Veteranenvereine, darunter 4 sächsische und 9 bayrische, zusammen etwa 2500 Militärveteranen, außerdem 7 Schützenkorps, sowie die gesamte Garnison von Eger und Abordnungen aller anderen Vereine, der Behörden, Ämter ua.
Eine besondere Bedeutung erhielt das Fest aber durch die Teilnahme Sr. kais. und königl. Hoheit des Erzherzogs Friedrich, der am Festtage früh gegen ½ 10 Uhr im Automobil, von Marienbad kommend, an der Stadtgrenze empfangen und auf den Festplatz geleitet wurde. Dort hatten sich inzwischen auch der Korpskommandant G. d. J. Albert von Koller, der Divisionskommandeur FML. Freiherr Kuhn von Kuhnenfeld und viele andere hochgestellte Persönlichkeiten eingefunden.
Abt Gilbert Helmer aus Tepl zelebrierte eine Feldmesse, Bürgermeister Krader von Eger hielt eine Begrüßungsansprache an den Erzherzog, auf welche dieser freundlich erwiderte, worauf Bürgermeister Krader auch alle anderen Anwesenden herzlich begrüßte und die Bedeutung der Feier würdigte. Abgeordneter Josef Mayer-Eger hielt die Festrede, worauf auf einen Wink des Erzherzogs die Hülle von dem Denkmale fiel. Nach der Gedenkrede des Kommandanten des heimischen Infanterie-Regimentes Nr. 73, k. und k. Oberst Adolf Brunswick, Edlen von Korompa, erfolgte die Übergabe des Denkmals an die Stadt Eger und eine Defilierung aller uniformierten Korps vor dem Erzherzoge. In dem endlosen Zuge sah man 8 Musikkapellen (darunter 2 Militär-Musikkapellen) und 73 Fahnen. Um ½ 1 Uhr gab die Stadt Eger im Mayergarten den Kombattanten des Regiments (über 200 an der Zahl) ein Festmahl, während das eigentliche Festbankett (150 Gedecke) im Schützenhaussaale stattfand. Nachmittags bildete ein großartig angelegtes Volksfest auf der Burgwiese einen gelungenen Abschluß der ganzen Feier.
(EJ 1913,237-241)